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Niedergang eines Flusses

Die Drau, der eine Hauptfluss Osttirols, arbeitet schon lange für die Stromwirtschaft. Sie wurde in den in den 80iger Jahren für die Kraftwerksanlage Strassen-Amlach entwässert.

Die TIWAG baute damals das Ausleitungskraftwerk Strassen-Amlach: Bei Strassen wird ein großer Teil des Drauwassers erfasst, nach Zwischenspeicherung in einem Teich in Tassenbach in einem über zwanzig Kilometer langem Stollen durch die Lienzer Dolomiten geleitet und im Amlach (in der Nähe von Lienz) bei Bedarf stundenweise über Turbinen gejagt. Erst dort gelangt dieser Teil der Drau wieder zurück in das alte Bett.

Die Folgen stellten sich in den Jahren darauf ein und werden jetzt immer deutlicher: ökologische Verarmung des Flusses und Geschiebeprobleme bis weit nach Kärnten hinunter.

Die „Sicherstellung einer weitestgehend autarken Stromversorgung des Bereiches Osttirol“ war seinerzeit das patriotische Argument, um diesen Kraftwerksbau den Osttirolern schmackhaft zu machen. Damit habe Osttirol seine Schuldigkeit getan, hieß es damals.

Nunmehr plant der Stromhandelskonzern TIWAG auch den Tauernbach in einem ähnlichen Kraftwerk auszunutzen. Der Tauernbach und die von ihm gespeiste Isel sind dadurch akut bedroht.


Drau im Pustertal1987: Noch schlängelt sich das schimmernde Band der Kleinen Drau zwischen besiedelter Sonn- und bewaldeter Schattseite des Pustertales in Osttirol.
Der Schutt in der Waldkuppe links aber zeigt es schon: Gewaltige Maschinen tief im Berg fressen den langen Ausleitungsstollen durch die Lienzer Dolomiten, in dem das meiste Wasser der Drau verschwinden wird.


Ableitung der Drau in TassenbachHier in Tassenbach steht seit 1989 das Drauwasser am Scheideweg:
Ein großer Teil der Drau muss nach rechts hinüber, in den Speicher Tassenbach, und von dort als „Triebwasser“ weiter in Stollen durch die Berge bis zu den Turbinen in Amlach.
Der andere Teil (links) darf – wie früher die gesamte Drau – als „Restwasser“ ihr altes Bett benützen.


Speicher Tassenbach für Draukraftwerk Strassen-AmlachIm Speicher Tassenbach wird das Wasser der Drau zwischengelagert, bis der zu bestimmten Tageszeiten höhere Strompreis eine Nutzung entsprechend lukrativ macht.


Verbotsschilder am Speicher TassenbachDieser Speicher ist kein gewöhnlicher See, wie die reichhaltige Verbotstafel am Zugang deutlich macht. Die gefährlichen, meterhohen Schwankungen des Wasserspiegels sind durch den Rhythmus der Stromgewinne bedingt.
Zudem muss immer wieder der eingeschwemmte und abgelagerte Schlamm ausgebaggert und auf eigens dafür angekauften Flächen deponiert werden.
Auch eine Behübschung mit einigen Bänken und Hinweistafeln an einem Spazierweg macht aus dieser Betriebsanlage eines Stromerzeugers keineswegs jenes ökologische Schmuckstück, wie es das Eigenlob der TIWAG-Werbung darzustellen versucht


Die Drau früherEs war einmal ein Fluss.....

....ein fröhlicher Gebirgsfluss, ein Eldorado für Kanuten und Fischer:
Die Drau (1988)


Reste der Drau heuteDie Drau im Pustertal heute:
.... über weite Strecken ein ärmliches Rinnsal.

Durch den Wasserentzug hat sich der Charakter dieses ehemaligen Flusses grundlegend gewandelt.
Noch schlimmer aber sind die Dauerfolgen der Wasserausleitung.


Seitengraben an der DrauMit der Ableitung des Drauwassers kamen die Probleme:
Zufließende Bäche transportieren Material in das Flussbett,
Seitengräben (wie hier der Krumme Graben unterhalb von Thal) können bei Unwettern kräftige Murstöße schicken.
Der Fluss selbst aber führt nun weitaus weniger Wasser und hat dadurch viel geringere Transportkraft; der Geschiebetrieb erfolgt nunmehr an weniger Tagen im Jahr als früher.


Bagger in der DrauJeder, der den Drau-Radweg benützt, kann es sehen: Immer wieder arbeiten Bagger im Flussbett.

Das liegen gebliebene Material führt zu Einengungen und Auflandungen; es muss entfernt werden, um Sicherheit zu gewähr- leisten.
Hier - an der Einmündung des Krummen Grabens unterhalb von Thal -, ist ein solcher Materialeinstoß erfolgt und wird gerade entfernt.

Umgekehrt würde das, was hier zuviel ist, anderswo dringend benötigt:
In Kärnten kommt es an der Drau zu Problemen, da diese hier liegen gebliebenen Geschiebemengen dort fehlen, der Fluss sich in die Tiefe arbeitet und die Ufersicherungen unterspült.


Geschiebsperre an der DrauAn anderen Stellen hält man die Schotterfracht des Seitengewässers vor der Einmündung in die Drau zurück, um ein Verlegen des Flussbettes zu verhindern.
Auch solche Geschieberückhaltebecken müssen immer wieder geräumt werden; diese Räumungen kosten Geld.
Verantwortlich für die Sicherheit und Funktionsfähigkeit des Flussbettes ist das Flussbauamt; es muss die entsprechenden Maßnahmen durchführen. Wenn das Material technisch verwertbar ist, kann der Erlös die Kosten neutral halten, wenn nicht, muss die öffentliche Hand mit unserem Steuergeld einspringen.


Das Bett der Drau wächst zuEin weiteres Folgeproblem des Draukraftwerkes wird inzwischen immer drängender:
Durch die geringere Wasserführung in der Aus- leitungstrecke beginnt das Draubett zuzuwachsen, was zunehmende Gefahren bei Hochwasser bringt. Dadurch sind jetzt ver- mehrt ökologisch negative Sicherheitsmaßnahmen (Schlägerungen, Baggerungsarbeiten) notwendig geworden. Diese werden auch keineswegs mehr kostenneutral sein.

Die TIWAG macht Geschäfte mit Strom aus der Drau; für Folgekosten ihres Kraftwerksbaues zahlen wir alle mit.


TIWAG-Krafthaus AmlachIm TIWAG-Krafthaus in Amlach stehen die Turbinen, die das Drauwasser - nach Aufstau im Speicherteich Tassenbach und langem Weg durch dunklen Stollen - stundenweise antreibt.


Verkaufte TIWAG-Kraftwerke in OsttirolOsttirol hat mit dem Draukraftwerk seine Schuldigkeit getan - auch über unseren eigenen Kontinent hinaus.

Auch die Drau durfte zusammen mit anderen TIWAG-Kraftwerken auf wundersame Weise einen Beitrag zur Wohlstandsvermehrung amerikanischer Geldgroßanleger leisten.

Cross Border Leasing heisst das Wundermittel, mit dem US-Trusts den Steuertopf amerikanischer Steuerzahler plündern und sich anderswo (wie hier in Tirol) mit Geldpräsenten billig einkaufen.
Auch für Strassen-Amlach sind im Grundbuch amerikanische Trusts mit Zugangsrechten und Ranganmerkungen verzeichnet.


Drauwasserrückgabe Kraftwerk Strassen-AmlachNach der Turbinenarbeit im Krafthaus in Amlach darf nun endlich das entzogene Drauwasser wieder zurück in sein ursprüngliches Bett.
Es bewirkt einen Wasserschwall, der sich viele Dutzende von Kilometern bis tief nach Kärnten hinunter fortsetzt.


Warntafel an der Drau: WasserschwallVon „Schwall“ und „Sunk“ sprechen die Fachleute:
Das Wasser wird nur zu bestimmten Zeiten durch die Turbinen geschickt; dann läuft ein Wasserschwall durch das Flussbett hinab; nach Abstellen der Turbinen sinkt der Wasserstand wieder ab.
Solche Warntafeln begleiten seit dem Kraftwerksbau die Drau. Der Mensch kann lesen und sich entsprechend vorsehen, die Lebewelt des Wassers nicht; sie ist diesem Geschehen hilflos ausgeliefert.


Das Bett der Drau fällt trockenGerade war das Draubett noch voller Wasser, nun sind schon gute Teile wieder trocken gefallen (Sunk). Die Auswirkungen dieses Schwallbetriebes sind – trotz einer gewissen Milderung durch den Zufluss der Isel in Lienz – bis nach Sachsenburg in Kärnten feststellbar und betragen stellenweise bis zu einen halben Meter und mehr.

In den letzten Jahren sind diese Schwallstöße deutlich stärker geworden.


Das Bett der Drau verschlammtIm Flussbett fallen Flachwasserbereiche durch das Absinken des Wasserspiegels immer wieder trocken; die Poren in den Kies- und Schotterräumen werden durch Schlamm verstopft („Kolmatierung“), die Sohle des Flusses wird verdichtet. Das Laichbett für die Fische fehlt, viele Nährtiere für die Fischbrut gehen zugrunde.


Äschen verschwinden aus der DrauEin Leitfisch der Drau und auch der Isel ist die Äsche.
In der Isel stellt das Laichen der Äsche eine Sehenswürdigkeit dar.
In der großen Drau nehmen die Bestände der Äsche seit der Inbetriebnahme des Kraftwerkes Strassen-Amlach 1989 stetig ab. Der naturwissenschaftliche Verein für Kärnten bezeichnet den Schwallbetrieb des Kraftwerkes Strassen-Amlach als den größten ökologischen Nachteil für die Drau und misst ihm entscheidenden Einfluss auf diesen Rückgang der Äsche zu.


Pegelwerte der DrauDie Pegelwerte (aktuell auch unter "Falkensteinsteg/Drau" im Internet abrufbar), an der Messstelle Drau/Falkenstein zeigen mit ihrem krassen stundenweise Auf und Ab das Spiel der Erlöse an den Strombörsen: Unsere Gewässer, einst die Lebensadern unserer Landschaft, sind nunmehr als Spiegel des Geschäftes im E-nergiepoker.


Nachruf auf die DrauDie Osttiroler Künstlerin Hannelore Nenning malte herrliche Flussbilder – (wie hier „Die ungezähmte Drau“) und schrieb zur Erinnerung an die Drau einfühlsame Zeilen über diesen Fluss ihrer Jugend, die uns ermessen lassen, was hier verloren gegangen ist.

Ein zerstörter Fluss in Osttirol ist genug. Einen zweiten Nachruf wollen wir nicht.
Die Isel muss ungeschmälert bleiben.
Osttirol hat wirklich seine Schuldigkeit getan.